Wenn dein Partner gegen Homeschooling ist

Sehr oft höre ich die Frage: „Wie kann ich meinen Mann vom Homeschooling überzeugen?“ Meistens ist es nämlich wirklich so, dass es die Frau ist, die den Mann zuerst davon überzeugen muss. Wenn du dich als Mutter in solch einer Situation befindest, was solltest du tun? Da auch ich diese Erfahrung gemacht habe, möchte ich dir in diesem Post gerne ein paar Tipps und Ratschläge geben.

wenn dein partner

Eine Ehe ist bei weitem nicht immer einfach. Und wenn da noch Kinder dazu kommen, dann wird es noch schwieriger. Als Eltern müssen wir praktisch täglich viele Entscheidungen treffen und uns darüber einigen, wie wir unsere Kinder erziehen, ernähren UND… unterrichten.

Das Beste für ein Kind ist es aber, wenn seine Eltern miteinander Frieden haben und konstruktiv miteinander reden und diskutieren können.

Was machst du also, wenn dein Partner nicht mit dir einverstanden ist, die Kinder zu Hause zu bilden und nicht in die öffentliche Schule zu schicken?

Unsere Geschichte

Von vielen Jahren im Ausland kannte ich das Konzept „Homeschooling“ bereits, auch wenn ich es mir nicht vorstellen konnte, das eines Tages selber zu machen. Doch als unsere Tochter in der 1. Klasse immer mehr Stresssymptome zeigte, und ich von einer Freundin herausfand, dass Homeschooling im Kanton Bern erlaubt ist, machte ich mir immer mehr Gedanken darüber. Natürlich sprach ich auch mit meinem Mann darüber, doch dieser lehnte kategorisch ab. Er hatte keinerlei Erfahrung mit Homeschooling, konnte sich nichts darunter vorstellen und es kam für ihn ganz und gar nicht in Frage. Diskussion zu Ende. Aus.

Tatsächlich merkte ich, dass ich mit ihm besser einige Zeit nicht mehr darüber reden sollte. Persönlich forschte ich aber nach, las über Homeschooling, so wie du das jetzt vielleicht tust, erkundigte mich, wo ich konnte, traf mich mit Homeschool-Familien und überlegte mir ernsthaft, ob ich mir das vorstellen könnte.

In der Zwischenzeit litt unsere Tochter je länger je mehr in der Schule. Ich konnte fast nicht mehr zusehen. Als dann die Kinderärztin die Stresssymptome auch noch so benannte und ansprach, wusste ich, dass etwas geändert werden musste. Auch mein Mann wurde langsam hellhörig und auch ihm war bewusst, dass die Situation mit unserer Tochter so nicht weitergehen konnte, wenn wir nicht wollten, dass sie in der 2. Klasse vollkommen ausbrennt.

Für ihn kam der Durchbruch als er in einem Gespräch mit unserer Schwägerin, die Lehrerin ist, hörte, dass sie Homeschooling eine gute Sache findet. Als er merkte, dass eine sog. Fachperson dem Homeschooling durchaus positiv gegenüber steht, liess er die Gedanken und Entscheidungsfragen zu und konnten wir konstruktiv und praktisch darüber reden.

Nach etlichen Monaten war für ihn sonnenklar, dass wir unsere Tochter aus der Schule nehmen müssen. Seither steht er 100% hinter der Entscheidung und sagt nun oft, dass er als Legastheniker auch unglaublich davon profitiert hätte, wenn er Zuhause hätte unterrichtet werden können, statt sich durch die langen Schuljahre zu plagen. Er staunt immer wieder, was die Kinder lernen und wie sie sich entwickeln und ist nun seit Jahren vom Homeschooling überzeugt und begeistert.

1. Denkt daran, um wen es in dieser Diskussion wirklich geht

Denkt an eure Kinder. Es geht um das Wohl eurer Kinder und ihre Bildung und Zukunft. Es geht nicht um euch. Eure Kinder sind abhängig davon, dass ihr weise Entscheidungen für sie trifft. Es ist eine wichtige Entscheidung, die ihr erst treffen könnt, wenn ihr den Standpunkt eures Partners wirklich seht und euch auf einen Standpunkt einigen könnt. Damit Homeschooling überhaupt funktionieren kann, müssen beide Eltern 100% dahinter stehen.

2. Bleibt ruhig und respektvoll

Denkt daran, ihr seid im selben Team, im gleichen Boot. Beide liebt ihr eure Kinder und beide möchtet ihr das Beste für eure Kinder. Jetzt müsst ihr nur noch zusammen herausfinden, was das Beste ist für eure Kinder und das ist nicht immer einfach. Dabei ist es wichtig, dass ihr ruhig und respektvoll bleibt, sonst verursacht dieses Thema noch einen riesigen Konflikt in eurer Ehe. Lasst das nicht zu.

3. Schreibt alle Nachteile des Homeschoolings auf

Nehmt einander Ernst. Schreibt auf, welche Nachteile ihr seht und welche Sorgen und Ängste ihr habt. Auch wenn du als Mutter diese Sorgen und Ängste nicht teilst, respektiere die Gefühle deines Mannes. Sehe es durch seine Augen. Ich meine, er kennt wahrscheinlich nichts anderes als die öffentliche Schule. Homeschooling ist ein komplett fremdes Konzept für ihn. Vielleicht hat er Angst, was seine Arbeitskollegen, Freunde oder seine Verwandten darüber sagen würden. Er macht sich wahrscheinlich nur Sorgen, weil er das Beste für euch alle möchte – das ist nicht schlecht!

4. Schreibt alle Vor- und Nachteile der öffentlichen oder einer privaten Schule auf

Beide Partner müssen hier gehört werden. Schreibt alle Nachteile und Sorgen und Ängste auf, die ihr habt, wenn ihr nicht mit Homeschooling anfängt, wenn euer Kind in der öffentlichen Schule bleibt oder ihr es in eine Privatschule schickt. Schreibt jeden noch so kleinen Gedanken auf. Es ist wichtig, dass ihr über alles redet, ehe ihr eure Entscheidung trefft.

5. Beachtet euer Familienbudget

Falls die Finanzen eine grosse Sorge sind, dann schaut sie euch genau an, ehe ihr eine Entscheidung trefft. Es gibt nichts Schlimmeres als eine Entscheidung zu treffen, ohne darüber nachzudenken, wie es euer Familienbudget beeinflussen wird. Wenn ihr beide arbeitet, müsst ihr darüber reden, wie das in Zukunft aussehen könnte und ob es möglich wäre, von einem Einkommen zu leben. Was es euren bisherigen Lebensstil beeinflussen würde. Macht vielleicht ein paar verschiedene, neue Budgets. Vielleicht braucht ihr etwas Zeit, um über dieses Thema zu diskutieren. Das ist in Ordnung. Es ist wichtig.

6. Findet heraus, wie die gesetzlichen Anforderungen sind

Findet heraus, ob ihr an eurem Wohnort eure Kinder überhaupt zu Hause unterrichten dürft, welche Auflagen es gibt, was für Konsequenzen, was für extra Kosten (z.B. mit einem Privatlehrer im Kanton Zürich). Findet heraus, was von euch verlangt wird, falls ihr mit Homeschooling anfangen würdet. Könnt ihr die Anforderungen überhaupt erfüllen? Hier steht mehr darüber.

7. Sammelt die Fakten

Es ist immer weise, eure grossen Entscheidungen auf Tatsachen zu basieren. Es ist wichtig, sich an die Fakten zu halten, um eine weise Entscheidung zu treffen. Es gibt so viele Mythen, Gerüchte und Fehlinformationen bezüglich Homeschooling und ihr müsst herausfinden, was wirklich wahr ist. Dies könnt ihr tun, indem ihr im Internet recherchiert, mit Homeschool-Familien den Kontakt sucht, Informationstage besucht oder Bücher darüber liest. Schaut dann noch einmal eure Sorgen und Ängste an und schaut, ob irgendwelche davon durch die gelernten Tatsachen bestätigt oder aufgehoben wurden.

8. Redet mit den Kindern

Wenn eure Kinder alt genug sind, solltet ihr auch mit ihnen über diese Entscheidung reden. Das bedeutet nicht unbedingt, dass sie die definitive Entscheidung treffen, doch es ist wichtig, dass ihre Meinung auch angehört wird. Oft sind es die Kinder, die sich danach sehnen, zu Hause zu lernen. Auch die Kinder können ihre Sorgen und Gefühle und Gedanken über Homeschooling UND über andere Bildungsalternativen aufschreiben.

9. Vielleicht eine Probezeit?

Eventuell könnt ihr euch darauf einigen, Homeschooling auf Probe zu machen? Gebt euch ein Schuljahr und schaut, wie es euch allen während und nach dieser Zeit geht. Vielleicht merkt ihr, dass es doch nichts ist für euch als Familie oder dass es unmöglich ist, so weiter zu machen. Vielleicht merkt ihr jedoch, dass es super läuft und lässt diese Probezeit auch den kleinsten Zweifel in deinem Partner verschwinden und entscheidet ihr danach gemeinsam, damit weiterzufahren.

10. Kein Nörgeln!

Wie auch immer, versuche dein Bestes, deinem Mann geduldig zuzuhören und ihm die Zeit, die er braucht, zu lassen. Nörgeln und andauerndes Argumentieren bringt nichts, im Gegenteil! Sei auch nicht besserwisserisch in deinen Argumenten, sondern zeige ihm ganz sachlich und objektiv die Fakten auf. Sollte es den Kindern in der Zwischenzeit schlechter gehen, gebe ihm nicht die Schuld! Das hilft nichts. Es kann gut sein, dass er seine Meinung ändert, wenn du ihm Zeit und Raum gibst, um in Ruhe darüber nachzudenken.

Es ist schwierig, Entscheidungen zu treffen, die das Leben unserer Familie stark beeinflussen. Vielleicht seid ihr es nicht miteinander einig, doch das bedeutet nicht, dass ihr eure Gedanken nicht in Frieden miteinander besprechen könnt. Das Wichtigste ist es nämlich, dass der Frieden in eurer Familie bleibt. Eure Kinder werden sowohl im Homeschooling als auch in der öffentlichen oder in einer privaten Schule nicht aufblühen, wenn es Zuhause und zwischen ihren Eltern keinen Frieden gibt.

Ich wünsche euch ganz viel Weisheit in eurer Entscheidung!

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein Kommentar

  1. Herzlichen Dank für diesen sehr gelungenen Artikel.

    Hier ein Hinweis zu einer weiteren Möglichkeit. In unserem persönlichen Fall, im gemeinsamen Prozess der Entscheidungsfindung war die Technik des Systemstellens ein wunderbares hilfreiches Element. So konnten wir neben den ganzen Kopf-Argumenten auch einmal spüren und sehen, wie es sich anfühlt, was wäre wenn…. wir uns für diesen oder jenen Weg entscheiden.

    Mit fröhlichen Grüssen Andrea

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