Der Jahresbericht

Es ist April. Zwar dauert das reguläre Schuljahr noch drei Monate bis zu den Sommerferien und doch neigt es sich langsam zu Ende und dies bedeutet auch für viele Homeschool-Familien, dass sie einen jährlichen Bericht schreiben (müssen). Dieser Prozess muss nicht stressvoll sein. Es ist auch eine schöne Möglichkeit, zurückzuschauen und zu sehen, was alles gemacht und erreicht wurde.

Bericht

Warum solltest du einen jährlichen Bericht schreiben?

Ein Zeugnis in der Schule ist dazu da, den Eltern zu Hause zu zeigen, wie das Kind notenmässig dasteht. Dies ist natürlich für Homeschool-Eltern nicht nötig. Wir wissen genau, wo unsere Kinder stehen und wo ihre Schwächen und Stärken sind. Doch es gibt einige andere Gründe, weshalb ein jährlicher Bericht eine gute Idee oder sogar notwendig ist.

Die Behörden verlangen es

In vielen (wenn nicht sogar allen) Kantonen in der Schweiz, wo Homeschooling erlaubt ist, wird ein jährlicher Bericht verlangt. Im Kanton Bern muss dieser Bericht bis Ende Mai beim Schulinspektor sein.

Fortschritte dokumentieren

Der jährliche Bericht, den die Fortschritte des Kindes dokumentiert, zeigt uns relativ objektiv, wie sich unser Kind in den akademischen Bereichen entwickelt hat. Dies tut gut zu sehen! Wenn wir also mal Zweifel haben (und glaubt mir, Homeschooler kämpfen immer wieder mit Zweifel!), dann können wir diese jährlichen Berichte hervornehmen und sehen, dass unser Kind tatsächlich schöne Fortschritte macht und dass Homeschooling funktioniert!

Information für Familienmitglieder und Verwandte

Manchmal wissen wir Homeschool-Mamas nicht, was unser Mann eigentlich so alles verpasst im alltäglichen Homeschool-Leben. Klar, berichten die Kinder beim Abendessen, was sie den Tag durch gemacht haben und klar, erzählt ihr eurem Mann regelmässig, was ihr so macht, doch vieles kommt trotzdem irgendwie nicht an. Mit dem jährlichen Bericht bekommt der Elternteil, der die Kinder nicht zu Hause unterrichtet, einen interessanten Einblick in das Homeschool-Jahr. Das gilt übrigens auch für Verwandte, die sich dafür interessieren oder die vielleicht eher skeptisch sind!

Information für euch selbst

Der jährliche Bericht dient sicherlich auch als hilfreiche Information für euch als aktive Homeschool-Eltern. Es gibt einen Überblick darüber, welche Kompetenzen erreicht wurden und an welchen ihr vielleicht im nächsten Jahr besonders arbeiten solltet. Je nach Alter interessieren sich die Kinder vielleicht auch schon für den Bericht und sind stolz darauf zu sehen, was sie alles gemacht haben (manche Anlässe und Aktivitäten gehen nämlich vergessen!). Vielleicht können die Kinder sogar selber einen kurzen Selbstbeurteilungsbericht dazu schreiben.

Schöne Erinnerung

Denkt nur, wie besonders das sein wird, wenn euer Kind mit der obligatorischen Schulzeit fertig ist und ihr nachlesen könnt, was ihr in all den Jahren alles zusammen erlebt habt und wie er/sie sich entwickelt hat. Auch für das Kind selbst sind diese Berichte im späteren Leben eine besonders schöne Erinnerung.

Schreiben

Was gehört in den jährlichen Bericht?

Wenn du noch nie so einen Bericht geschrieben hast, bist du vielleicht unsicher, was du denn alles schreiben sollst oder sogar musst. Das Wichtigste ist, dass du dich an die Vorgaben deines Schulinspektors hältst. Diese Vorgaben sind von Inspektor zu Inspektor verschieden. Manche verlangen maximal 2-3 Seiten pro Kind, andere möchten es nur in elektronischer Form, wiederum andere möchten Bilder sehen oder vielleicht sogar etwas, das von den Kindern selber gestaltet wurde. Und andere geben gar keine Vorgaben. Was machst du dann?

Grundfakten

Ganz wichtig sind die Grundfakten über das Kind: Name, Alter, Klasse und vielleicht ein Foto.

Lehrmittelangaben

Der jährliche Bericht sollte angeben, welche Lehrmittel ihr für welches Fach gebraucht habt, insbesondere für die Hauptfächer Mathematik, Deutsch, Französisch und Englisch.

Lehrplan

In der Schweiz wird verlangt, dass auch Homeschool-Familien sich am kantonalen Lehrplan halten. Dies müsst ihr in eurem Bericht klar zeigen können. Viele Kantone arbeiten jetzt mit dem Lehrplan 21, also solltet ihr diesen kennen und in eurem Bericht zu jedem Fach im Lehrplan die Kompetenzen aufschreiben, die euer Kind erreicht hat. Damit der Bericht nicht zu lang wird, schlage ich vor, die Kompetenzen mit ihrem Buchstaben-/Zifferncode aufzuschreiben und dazu dann ein paar Sätze pro Fach in euren eigenen Worten zu schreiben (was gelang gut, woran wird noch gearbeitet…). Denkt daran, dass es Fachkompetenzen gibt (klar definierte Kompetenzen für die verschiedenen Fächer) und auch überfachliche Kompetenzen, z.B. die Sozialkompetenzen. Auch diese überfachliche Kompetenzen müssen im Bericht erwähnt werden, da sie in gewissermassen auch zum Lehrplan gehören.

Aktivitäten

Die überfachlichen Kompetenzen können natürlich auch belegt werden, in dem ihr kurz und bündig schreibt, an welchen Aktivitäten eure Kinder im Schuljahr teilgenommen haben (z.B. Unihockeyclub, Chor, Zirkusschule, usw.). Listet auf, wenn die Kinder irgendwo ausgezeichnet wurden, freiwillige Einsätze geleistet haben oder sogar Teilzeitjobs gemacht haben. Macht auch eine Liste von euren Exkursionen (inkl. Führungen, Workshops, usw.)

Beispiele von Arbeiten

Falls euer Inspektor euch keine Angaben gemacht hat, ist es vielleicht auch noch schön, 1-2 Beispiele von spezifischen Arbeiten beizulegen, die euer Kind gemacht hat. Ein gut gelungener Aufsatz oder eine selbsterfundene Geschichte, zum Beispiel. Oder eine besonders schöne Zeichnung. Oder vielleicht ein Bericht über eine Exkursion, den euer Kind selbst geschrieben hat. Ich füge auch gerne einige Fotos in unserem Bericht ein (unser Inspektor macht keine Vorgaben über die maximale Seitenzahl des Berichts).

Schultage und Noten

Falls dies von eurem Inspektor bzw. euren Behörden verlangt wird, müsstet ihr vielleicht noch angeben, wie viele Schultage ihr bis zum Schreiben des Berichts absolviert habt und vielleicht müsst ihr euren Kindern sogar Noten geben. Wir müssen das nicht, aber ich mache sie für mich trotzdem jedes Jahr. Ich zeige meinen Kindern diese Noten nicht, aber falls ich irgendwann mal nach Noten gefragt werde (manche Lehrmeister verlangen danach), dann kann ich sie zeigen bzw. weiss ich auch notenmässig, wie die Kinder sich entwickelt haben. (Anmerkung: Persönlich finde ich es sehr schwierig, Noten zu geben, da wir mit einem Thema so lange weitermachen, bis das Kind es auch wirklich begreift. Eine 4 bedeutet für mich ganz klar, dass das Kind das Thema noch nicht wirklich verstanden hat. Eine 6 in der Schweiz, bzw. eine 1 in Deutschland bedeutet, dass das Kind das Thema gut beherrscht und wir mit einem anderen Thema weitermachen können.)

Eine Auflistung als Bericht

Ihr könnt euren Bericht als Auflistung schreiben. Das heisst, ihr geht nach eurem offiziellen Lehrplan und macht eine Liste. Zum Beispiel so:

Mathematik

St. Galler Lehrmittelverlag, Logisch Buch und Arbeitsheft, 5. Klasse
Schubi Verlag, Sattelfest in Mathematik, 5. Klasse

Zahl und Variable: 1A.1g, 1A.2g, 1A.3f (Brüche)
Form und Raum: MA.2.A.1.g, MA.2.A.2g, MA.2.B.1h, MA.2.C.2f (Geodreieck und Zirkel)
Grössen, Funktionen, Daten und Zufall: MA.3.A.1h, MA.3.A.3e/f, MA.3.B.1.g, MA.3.C.1f, MA.3.C.2.e/f, MA.3.C.3f (Proportionalität und Tabellen)

Schnüggu liebt Mathematik und hat eine schnelle Auffassungsgabe. Er muss in Geometrie noch etwas genauer arbeiten. Er hat die Kompetenzen für das 5. Schuljahr in allen Bereichen erfüllt.

usw.

Narrativer Bericht

Wenn ihr von eurem Inspektor keine Angaben habt, könntet ihr euren Bericht auch in narrativem Stil schreiben. Dies ist eventuell etwas persönlicher und hat einen konversationellen Stil. Darin könnt ihr in schildernder Form auf die erreichten Kompetenzen, Stärken und Schwächen eingehen und auf diese Weise die Entwicklung eures Kindes beschreiben.

Wie ihr also schlussendlich euren Bericht schreibt, hängt stark davon ab, was für Angaben ihr von den Behörden erhalten habt (wenn überhaupt). So oder so, muss das Schreiben des Jahresberichts nicht mühsam sein. Nützt diese Chance, um auf euer gemeinsames Homeschool-Jahr zurückzublicken, sich über alles zu freuen, was erreicht und erlebt wurde und euch schon etwas auf das neue Schuljahr einzulassen. Happy writing!

Am 11. März 2021 findet in Ostermundigen ein 2-stündiger Workshop zum Thema „Wie schreibe ich den Jahresbericht?“ statt. Anmelden könnt ihr euch via Kontaktformular.

6 Kommentare

  1. Super Übersicht und es zeigt klar, dass man mit Homeschooling nicht „einfach so“ irgendetwas machen kann. Es ist SERIÖS!

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  2. Genialer Artikel, herzlichen Dank. Es macht mir gerade Mut, denn für vier Kinder einen Bericht zu schreiben ist jedes Jahr sehr zeitaufwändig.

    Noten zeige ich meinem Kind übrigens auch nicht. Es ist so schön zu sehen, dass Kinder nicht durch Noten motiviert werden sondern durch Lerninhalte :-).

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    • Ja, das finde ich auch schön! Sie sind von sich aus motiviert, mehr zu lernen, nicht weil sie für eine Prüfung oder ein gutes Zeugnis müssen! Dir viel Kraft für die vierfachen Jahresberichte!

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  3. hallo swiss homeschool family! lieben dank für deine beschreibungen des jahresberichts. schreibst du dann einfach alle kompetenzen pro fach auf, an denen ihr gearbeitet habt? plus dann den kurzen text, um es ein wenig genauer zu erläutern? in dem umfang wie oben am beispiel mathematik oder wirds dann doch mehr? liebe grüsse von einer aargauer homeschool-family 🙂

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    • Ich schreibe keine Kompetenzzahlen auf, ausser die überliegenden Kompetenzen, z.B. MA.1 Schnüggu hat in diesem Jahr viel mit Brüchen und Dezimalbrüchen gearbeitet. Schnüggu kann Dezimalzahlen addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren. Er kann Rechenwege zu Grundoperationen mit Dezimalzahlen darstellen, austauschen und nachvollziehen. Mache also eher einen narrativen Bericht, der die Fortschritte der Kinder anhand der Kompetenzen zeigt. Dazu noch eine Auflistung aller Lehrmittel, aller ausserschulischen Lernorte und eine Seite zu den überfachlichen Kompetenzen.

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