Meine Homeschooling-Reise fing unoffiziell irgendwann im Jahr 2000 an, als ich während meiner Arbeit in den Vereinigten Staaten mehrere Familien kennen lernte, die ihre Kinder jahrelang zu Hause unterrichteten. Ich war schwer beeindruckt von diesen Familien. Die Kinder waren einfach tolle Kinder und ich war ziemlich überrascht, dass das Homeschooling so gut zu funktionieren schien. Ich sagte mir damals aber auch klar und deutlich: „Das könnte ich nie!“

Nur für ein Jahr!

Spulen wir vierzehn Jahre vorwärts und ich bin selber Mami. Leider ging es unserer Tochter in der 1. Klasse gar nicht gut. Die Stresssymptome häuften sich. Von einer Freundin erfahre ich, dass das Homeschooling im Kanton Bern nicht nur erlaubt ist, sondern auch von mehreren Familien bereits gemacht wird. Natürlich erinnerte ich mich an meine Aussage als junge, ledige Frau, doch was machen wir als Eltern nicht alles für unsere Kinder, wenn wir sehen, dass sie leiden? Alles, oder? Also, nahmen wir all unseren Mut zusammen und nahmen unsere Tochter nach der 1. Klasse aus der Schule. „Aber nur mal für ein Jahr!“, dachten wir damals. Oder: „Sicherlich höchstens bis und mit der 6. Klasse!“

Jetzt sind wir neun Jahre weiter und beide Kinder haben die 9. Klasse hinter sich. Damit hat unser offizielles Homeschooling ein Ende! Und ja, bereits in der 6. Klasse war uns bei beiden Kindern klar, dass wir weitermachen würden. Die Oberstufe schaffen wir auch noch! Man wächst ja mit.

Eine wundervolle Beziehung mit beiden Kindern

Ich schaue wahnsinnig gerne auf die letzten neun Jahre Homeschooling zurück. Es waren unglaublich wertvolle, besondere Jahre, die ich um keinen Preis missen möchte. Ich geniesse eine wundervolle Beziehung mit beiden Kindern und sie haben es auch sehr gut zusammen. Wir haben viele schöne Erinnerungen an die vergangenen neun Jahren zusammen. Wir haben nur schon mehr als 120 Exkursionen und sechs Lager gemeinsam erleben können. Wir lachen über lustige Begebenheiten, erinnern uns an lehrreiche Momente, schauen uns unzählige Fotos an und denken gerne an all die vielen Menschen, die uns auf dieser Homeschooling-Reise begleitet haben. Manche sind zu engen Freunden und Freundinnen geworden, andere zu unvergesslichen Bekanntschaften.

Es ist schwierig, einzelne Erlebnisse hervorzuheben. Es waren so viele. Unser allererster Workshop im Schloss Burgdorf, die Führung im Kinderspital Bern, die tollen Workshops im Vindonissa, Augusta Raurica und der Enge Halbinsel zum Thema Römer, das Kreativsein im Zentrum Paul Klee und anderen Kunstmuseen, die unzähligen Chemie- und Physikworkshops im ScienceLab der Uni Zürich, an der ETH, im Paul Scherrer Institut und im Technorama, wo auch mein Hirn immer wieder herausgefordert wurde, die Führungen im Flughafen Zürich und bei der Rega, beim SRF Fernsehstudio und bei Zambo, im Bundeshaus und Berner Rathaus, in der Blindenhundenschule Allschwil, im SBB Betriebswerk und Postverteilzentrum Härkingen, die vielen Besuche bei der BEA, v.a. bei TunBern, usw. usw.!

Ganz besonders schön waren für mich immer die längeren Zeiten mit den Jugendlichen, natürlich in den vier legendären Oberstufenlagern in Nyon, Vevey, Gersau und Kreuzlingen, aber auch in der intensiven Projektwoche SpielPolitik in Bern und der innovativen, kreativen Teenpreneur Woche in Basel.

Verantwortungsvolle, soziale junge Menschen

Aber es sind natürlich nicht nur die Exkursionen und Lager, die mir besonders in Erinnerung bleiben werden. Ich denke, was mich an diesen Homeschooling Jahren besonders beeindruckt hat, ist zu sehen, wie sich meine Kinder zu eigenständigen, selbstbewussten, empathischen, verantwortungsvollen, sozialen jungen Menschen entwickelt haben, die sich in ihren Stärken spezialisiert haben und diese auf eindrückliche Weise umsetzen. Es macht richtig Spass, mit ihnen unterwegs zu sein und zu sehen, wie sie ihre Wege gehen.

Homeschooling funktioniert

Wir haben es nie bereut, uns für das Homeschooling zu entscheiden. Auch wenn es manchmal nicht nur einfach war, wussten wir immer, dass es für uns das Richtige war. Ich werde diese intensive Zeit mit meinen Kindern vermissen. Jedoch ist es auch sehr schön zu sehen, wie sie bereit sind für die Welt und Gesellschaft, sich zu selbständigen jungen Erwachsenen entwickeln und die Homeschooling-Zeit sie für das Leben gestärkt und bereit gemacht hat. Homeschooling funktioniert. Das sah ich schon vor 23 Jahren und konnte ich in den letzten neun Jahren selbst erleben. Und wir sind bei weitem nicht die einzigen in der Schweiz und in der Welt, die das persönlich erfahren konnten.