Im Kanton Bern in der Schweiz wird für die Bewilligung des Privatunterrichts verlangt, dass eine offiziell ausgebildete Lehrperson die Familie unterstützt und begleitet. Was bedeutet das genau?
Aufgaben
Die pädagogische Begleitperson sollte den Homeschool-Familien mit Rat und Tat zur Seite stehen. Sie kann/sollte der Familie helfen, eine angemessene Jahresplanung zu machen, den Jahresbericht zu schreiben, allfällig auftauchende Fragen zu beantworten und ein Auge darauf werfen, dass der Lehrplan eingehalten wird. Auch sollte sie beim Besuch vom Inspektor bzw. der Inspektorin dabei sein (alle 1-3 Jahre). Die Lehrperson sollte stufennah sein, d.h. keine Gymnasium-Lehrperson für den Kindergarten. Am besten eine Lehrperson für den Zyklus I und II für Kinder vom Kindergarten bis zur 6. Klasse und eine Lehrperson für den Zyklus III für Oberstufen-Homeschooler.
Was nicht verlangt wird
Im Kanton Bern wird nicht von der pädagogischen Begleitperson erwartet, dass sie die Kinder unterrichtet! Es geht also in erster Linie um eine Begleitung, nicht um aktiven Unterricht! Die pädagogische Begleitperson trägt auch NICHT die Verantwortung, dass die Familie den Lehrplan einhält. Klar sollte sie die Familie darauf ansprechen, falls dies nicht der Fall sein sollte, oder sogar ihr Patent zurückziehen, falls sie nicht mehr dahinter stehen kann, aber sie trägt KEINE Verantwortung. Die Familie trägt die alleinige Verantwortung für die Bildung ihres Kindes.
Aufwand
Tatsächlich ist es so, dass die meisten Homeschool-Familien sehr gut untereinander vernetzt sind und sich meistens eher Rat und Tat bei anderen, erfahrenen Gleichgesinnten holen (v.a. was die Lehrmittel und der Homeschool-Alltag angeht) als bei der begleitenden Lehrperson. Auch gibt es viele erfahrene Homeschooler, bei denen das Homeschooling fast wie geschmiert lauft und die praktisch keine auswärtige Hilfe brauchen, auch nicht zum Planen oder Berichten. Das heisst, dass die Lehrperson von diesen Familien kaum Zeit aufwenden muss, um die Familie zu unterstützen. Vielleicht telefoniert sie einmal pro Monat mit der Familie oder bekommt einmal pro Monat einen Monatsbericht zur Kenntnisnahme und das ist dann schon praktisch alles. Vielleicht gibt es ab und zu mal eine Frage zu beantworten, aber mehr nicht. Andere Familien brauchen mehr Unterstützung, wahrscheinlich vor allem am Anfang, und telefonieren wöchentlich mit ihrer Lehrperson. Andererseits gibt es auch Lehrpersonen, die sich mitverantwortlich fühlen und öfter Kontakt mit der Familie haben möchten, um den Finger am Puls zu haben und einschreiten zu können, falls etwas mal nicht so gut gehen sollte. Es muss also klar zwischen der Familie und der pädagogischen Begleitperson über den Aufwand und die gegenseitigen Erwartungen abgemacht werden, damit auf beiden Seiten keine falschen Erwartungen da sind.
Kosten
Viele Familien haben eine Lehrperson in ihrem Bekannten- oder sogar Verwandtenkreis, die diese Aufgabe gerne ehrenamtlich macht, einfach, um die Familie zu unterstützen. Es gibt aber auch immer mehr Familien, die keine Lehrperson in ihrem Umkreis kennen und deshalb auf externe Lehrpersonen angewiesen sind. Diese Lehrpersonen verlangen oft einen Pauschalbetrag (z.B. 500.- pro Jahr) oder verlangen einen Lohn je nach Bedürfnis der Familie (z.B. La Roulotte). Dies ist also auch je nach Lehrperson und je nach Familie ganz verschieden und muss klar abgemacht werden!
Ablauf
Wenn ihr also eure Kinder privat unterrichten möchtet, braucht ihr zuerst eine Lehrperson, die euch offiziell begleitet. Das heisst, ihr müsst mit dieser Person abmachen, was eure und ihre Erwartungen sind. Dann sollte sie euch eine Kopie ihres Lehrpatents geben, damit ihr diese zusammen mit eurem Antrag dem Inspektorat schicken könnt, um die Bewilligung zu bekommen. Ohne Lehrpatent keine Bewilligung. Falls ihr keine Lehrperson kennt, könnt ihr als Mitglieder beim Verein Bildung zu Hause nachfragen. Sie haben eine Liste von Lehrpersonen, die bereit sind, Homeschool-Familien zu unterstützen.
Andere Kantone
In anderen Kantonen (z.B. ZH und TG) darf man die Kinder nur privat unterrichten, wenn man ein Lehrpatent hat bzw. eine Lehrperson hat, die offiziell einen (grossen) Teil der Stunden übernimmt. Dies geschieht natürlich immer gegen Bezahlung, da die Lehrperson dies als ihre Arbeit macht.
Aufruf
Deshalb, liebe Lehrer und Lehrerinnen, die diesen Post lesen: falls ihr dem Homeschooling offen gegenüber steht und/oder euch eine neue schulische Herausforderung vorstellen könnt, ausserhalb vom öffentlichen Schulsystem, bitte meldet euch bei mir via Kontaktformular oder beim Verein Bildung zu Hause. Wir sind IMMER auf der Suche nach offenen, bereitwilligen Lehrpersonen, die eine oder mehrere Homeschool-Familien in ganz verschiedenen Kantonen begleiten möchten. Egal ob Kindergarten, Unterstufe, Mittelstufe oder Oberstufe, egal aus welchem Kanton ihr seid und egal, ob ihr eure Kinder selber homeschoolt oder nicht: bitte überlegt euch, ob ihr euch vorstellen könnt, aktiv in der wachsenden Homeschool-Bewegung mitzumachen, indem ihr eine oder mehrere Homeschool-Familien unterstützt oder sogar eine Gruppe von Homeschool-Kindern unterrichtet. Vielen Dank!