Die Vor- und Nachteile von Homeschooling

Nun, ich gebe zu, ich bin natürlich nicht ganz unparteiisch. Es ist für mich natürlich etwas schwierig, die Nachteile über etwas aufzuschreiben, von dem ich eigentlich überzeugt bin. Viele Menschen, die absolut gegen Homeschooling sind, könnten dir eine grosse Liste von Nachteilen aufzeigen, doch ich bin damit nicht einverstanden. Ich bin voreingenommen fürs Homeschooling. Deshalb werden die Nachteile, die wir vielleicht erfahren, bei weitem überwogen durch die Vorteile. Und wenn du nicht meiner Meinung bist, und du mehr Nachteile erwartet hast, dann musst du halt woanders suchen…

Was sind die Vorteile von Homeschooling?

Es gibt so viele, ich kann sie gar nicht alle aufschreiben. Deshalb konzentriere ich mich hier in diesem Post nur auf die Wichigsten.

Homeschool Vorteil #1 – Bildungsfreiheit

Wir dürfen Methoden und Lehrmittel verwenden, die unseren Kindern helfen hervorragend vorwärts zu kommen. Wir können unsere Bildungsmethode flexibel ändern, damit jedes Kind auf seinem Niveau geholfen werden kann. Wir können die Kinder in ihrem eigenen Tempo arbeiten lassen und sie werden weniger schnell abgelenkt. Wir können über Themen reden, die in der Schule nicht durchgenommen werden. Wir können tiefer gehen und länger in einer bestimmten Epoche der Geschichte oder einem bestimmten wissenschaftlichen Thema ausharren, wenn es uns gefällt. Wir können unnütze Repetitionsaufgaben überspringen. Wir lernen zusammen und können jedem einzelnen Kind so viel Aufmerksamkeit schenken, wie es das braucht. Mit nur ein paar wenigen Kindern kommen wir natürlich viel schneller vorwärts als in einer Klasse von 25-30 Kindern. Wir können das Gelernte durch Exkursionen ganz konkret und fassbar machen und durch solche Erfahrungen geht das Erlebte und Gelernte viel tiefer als bloss auf dem Papier.

Homeschool Vorteil #2 – Freiheit von einem erzwungenen Stundenplan

Wir können jederzeit jemanden besuchen gehen. Wir können jederzeit skifahren oder schlitteln gehen, wenn es schon mal Schnee hat! Wir können jederzeit Arzt-, Zahnarzt- und Coiffeurtermine abmachen. Und als ob das noch nicht genug ist – wir können einen Geburtstag den ganzen Tag feiern, einen Ausflug machen, wenn alle anderen in der Schule sind und Ferien machen, wenn es uns passt. Und wir haben keine Hausaufgaben. Gelernt wird eh ganz informell den ganzen Tag durch Fragen, für die wir uns Zeit nehmen, Gespräche und Alltagsaktivitäten, in denen wir auch viel lernen.

Homeschool Vorteil #3 – Freiheit für Sozialisierung

Ja, das hast du richtig gelesen. Wir sozialisieren auch! Wir sozialisieren mit Menschen jeden Alters und in jedem Umstand. Wir fühlen uns nicht gezwungen, nur mit Gleichaltrigen zu sozialisieren. Wir lernen, mit Erwachsenen zu reden, mit kleinen Kindern zu spielen, mit älteren Personen zu interagieren, und ja, wir verbringen auch Zeit mit Menschen in unserem Alter. Wir erleben Lebensstilsozialisierung. Mobbing ist keine Option für uns. Manche sagen, dass wenn sie uns mit anderen Kindern zusammen sehen, erinnert es sie an die Kinder von Büllerbü. Wir haben nicht das Gefühl, dass wir so sein müssen wie die anderen, sondern können einfach uns selbst sein und werden so auch akzeptiert. Auch haben wir mehr Zeit, um uns in der Gesellschaft zu engagieren, zum Beispiel abends im Flüchtlingsheim, da wir morgens nicht so früh aufstehen müssen, um in die Schule zu gehen.

Homeschool Vorteil #4 – Die Freiheit für eine starke Familie

Wir verbringen oft jeden Tag, den ganzen Tag zusammen. Dies kann für viele mehr als Nachteil erscheinen, doch wir erleben alles miteinander und wissen das meiste über einander. Wir können Konflikte nicht aus dem Weg gehen, sondern müssen durch sie hindurch. Dies macht uns stark. Dadurch bilden wir eine unglaublich starke Beziehung miteinander. Wir lernen, einander zu vergeben, miteinander zu teilen, wir lachen miteinander, lernen zusammen und erleben Spannendes zusammen. Wir diskutieren miteinander und ja, wir können die Kinder gemäss unseren eigenen Werten prägen. Versucht das nicht jede andere Familie auch?

Homeschool Vorteil #5 – Frei von Stress

Wir müssen die Kinder früh morgens nicht aus dem Tiefschlaf wecken und sie zu einer bestimmten Zeit aus dem Haus drängen. Wir haben nach der Schule kein Stress wegen Hausaufgaben, kein Streit, keine schlechte Laune. Wir müssen nicht zu einer bestimmten Tageszeit das Essen bereit haben. Wir müssen keine Kinder wegen schlechten Noten oder Prüfungsangst trösten, oder weil sie in der Schule von allen gehänselt werden… Unsere Kinder können Sport und Musik machen, vielleicht sogar mehrere Sportarten, da sie nicht den ganzen Tag in der Schule sind und abends dann zu müde sind oder es zu stressig wäre, noch ein Instrument zu üben oder an einem Training teilzunehmen.

Was sind die Nachteile von Homeschooling?

Oder die negativen Dinge, die niemand je erwähnt… Dies sind ein paar negative Aspekte in unserer Familie als Homeschooler. Das Gute habe ich zuerst erwähnt, hier kommt die brutale Wahrheit… 😉

Homeschool Nachteil #1 – Die grosse Unordnung

Junge Personen sind 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche zu Hause und kreiieren Unordnung. Du musst drei Mahlzeiten pro Tag servieren, was auch bedeutet, dass du drei Mal pro Tag dreckiges Geschirr zum Waschen und Aufräumen hast. Die Kinder haben tatsächlich Zeit, mit ihren Spielsachen zu spielen und kreativ zu sein. Das bedeutet, dass es jeden Tag Spiel- und Bastelsachen zum Aufräumen gibt.

Homeschool Nachteil #2 – Andere denken vielleicht, dass du spinnst

Das ist manchen vielleicht total egal. Und ich finde mich selbst eigentlich auch ziemlich gut im Ignorieren des Gruppendrucks. Doch es verursacht manchmal schon ein etwas komisches Gefühl, wenn man angeschaut wird, als ob man drei Köpfe hat, wenn man tagsüber, während normalen Schulzeiten, mit den Kindern einkaufen geht. Oder noch schlimmer? Wenn die Menschen mit deinen Kindern reden, als ob sie irgendwie benachteiligt sind, auch wenn du gerade neben ihnen stehst! Und wir müssen immer wieder die gleichen Fragen beantworten. Allen voran die Sozialisierungsfrage. Immer wieder müssen wir erklären, warum wir machen was wir machen. Das geht manchmal auf die Nerven, aber meistens ist es schon gut. Wir erzählen ja eigentlich gerne.

Homeschool Nachteil #3 – Geld

Ja, wir zahlen Steuern. Ja, die Volksschule ist mehr oder weniger gratis und wird von uns mitfinanziert. Und ja, trotzdem müssen wir unsere Lehrmittel selber zahlen. Und unsere Exkursionen natürlich auch. Sogar unsere Stromkosten sind höher, da ja meistens den ganzen Tag jemand zu Hause ist und das Licht bei uns in unserer „Schulmansarde“ oft leuchtet. Manche sagen, dass Homeschooling teurer ist als eine Privatschule, da meistens beim Homeschooling ein Elternteil Vollzeit zu Hause bleibt und nicht arbeiten geht. Das möge so sein. Ich habe es nicht ausgerechnet. Und wenn das so ist, dann ist es halt so. Das muss jede/r für sich entscheiden.

Homeschool Nachteil #4 – Das Gegenstück zu Vorteil #4

Ja, manchmal wünsche ich mir auch eine kinderlose Pause. Und dieser Wunsch wird nicht oft erfüllt. Manchmal gehen mir die Kinder auch auf die Nerven. Ganz ehrlich. Das ist auch völlig normal, wenn man immer um sie herum ist. Doch umso mehr geniesse ich seltene, kinderlose Momente und koste sie ausgiebig aus. Ja, dann gönne ich mir auch mal etwas Besonderes, sei es nur eine Stunde in Ruhe lesen (mit einer leckeren Tasse Chai Tee und einer Lindor Kugel!).

Homeschool Nachteil #5 – Nichts bleibt gleich

Es gibt Tage, dann sind die Kinder top motiviert, super wissbegierig, kooperativ, interessiert und es macht einfach mega Spass mit ihnen unterwegs zu sein. Dann gibt es aber auch Tage, an denen sie einfach nicht mögen, die einfachsten Mathe-Aufgaben zu den schwierigsten Hürden werden, das was gestern super funktionierte jetzt auf einmal gar nicht mehr geht, der Sohn bockt und frech ist, die Tochter in Tränen ausbricht, weil sie heute keine Lust auf Mathe hat und so weiter. Ja, solche Tage gibt es auch, Hand aufs Herz. Und solche Tage sind schwierig, ganz ehrlich. Doch zum Glück können wir an solchen Tagen einfach eine Pause nehmen, uns mit unserem aktuellen Vorlesebuch aufs Sofa setzen und das Ganze etwas anders machen als sonst. Und–das bleibt bitte zwischen uns–meistens bin ich die Ursache dieser Blockaden, nicht die Kinder (ausser sie werden gerade krank). Dann muss ich mich selber immer wieder an die Nase nehmen und bewusster auf ihre einzelnen Bedürfnisse eingehen. Darüber könnte ich auch schon ein ganzes Buch schreiben. Schnüggu zum Beispiel wird unausstehlich, wenn sein Hirn nicht genug ausgelastet ist, und er hasst Repetitionsarbeit, also muss es mich auch nicht erstaunen, wenn er bockt wenn ich etwas von ihm erwarte, das er für gar nicht nötig ansieht (und er dabei meistens Recht hat).

Um zusammenzufassen: das Positive und Negative des Homeschoolings – was bedeutet das alles?

Nun, schlussendlich bedeutet es, dass jede Lebensentscheidung negative und positive Seiten hat. Unsere Entscheidungen sollten nicht bloss auf eine Liste von Vor- und Nachteilen basiert sein. In unserem Fall hätte ich nie alle Nachteile schon im voraus sehen können, als wir uns dazu entschieden, mit Homeschooling anzufangen. Ich hatte viele dieser Negativen noch gar nicht erlebt. Und wenn Menschen, die nicht homeschoolen, eine Liste machen über die negativen Seiten des Homeschoolings, dann sind das einfach (Vor)Urteile. Urteile nicht basiert auf Meinungen und Voreingenommenheit. Schau dir die Fakten ehrlich an.