Hier Blog Nr. 2 von Dr. Cotter von RightStart Mathematics:
Der Stellenwert scheint für viele Kinder und sogar Erwachsene ein schwieriges Konzept zu sein. Im Westen wird Kindern das Addieren meistens mit Zählen beigebracht. Zählen ignoriert den Stellenwert. Für die Kinder wird es beim Zählen zu einer unnötigen Last, wenn sie in Zehner und Einer denken müssen.
Jedoch ist der Stellenwert das Fundament der Arithmetik. Wenn wir Zahlen in Zehnergruppen und Zehner von Zehnern usw. packen, wird das Rechnen mit grossen Zahlen sehr ähnlich wie das Addieren von einstelligen Zahlen. Im 15. Jahrhundert wurde dies als so wichtig angesehen, dass der erste arithmetische Text, Treviso Arithmetik von 1478, behauptet, dass es fünf fundamentelle Operationen gibt: die Aufzählung (heute Stellenwert genannt), Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division. Das Wort Stellenwert kam erst 1911 ins Wörterbuch.
Asiatische Kinder haben keine Schwierigkeiten mit dem Stellenwert, da asiatische Sprachen transparent sind im Nennen der Zahlen. Zum Beispiel ist elf zehn-1, zwölf ist zehn-2 und sechzehn ist zehn-6. Dies steht im Gegensatz zu den deutschen Zahlen, wo die Einer und Zehner umgekehrt stehen. In asiatischen Sprachen ist einundzwanzig 2-zehn 1 und dreiundzwanzig ist 2-zehn 3.
Kinder, die lernen Zahlen mit transparenten Wörtern zu nennen, neigen dazu Strategien zu gebrauchen, die auf Zehner basiert sind. Sie machen wann immer möglich Zehner. Um 9 + 5 zu addieren, nehmen sie 1 von der 5, um die 9 zu einem 10 zu machen, was die folgende Rechnung macht: 10 + 4 = 14. Leider wissen viele deutschsprachige Erstklässler nicht was 10 plus 4 ist.
Gibt es etwas, was wir dagegen tun können? Ja! Wir können unseren Kindern beibringen, um für eine gewisse Zeit die Zahlen von 11 bis 99 mit ihrem transparenten Zahlennamen zu nennen. Meine Recherche hat gezeigt, dass Kinder, die diese Namen brauchen, die gleichen Vorteile bekommen wie asiatische Kinder. Mit transparenten Namen ist die Summe von 10 plus 4 ganz klar zehn-4.
Danach wird den Kindern zwei Gruppen von Zehnern gegeben und wird ihnen gesagt, dass das 2-Zehner genannt wird. Dies wird für drei Gruppen von Zehnern, 3-Zehner, bis zu neun Gruppen von Zehnern, 9-Zehner, wiederholt. Sie erhalten auch Stellenwertkarten wo 20, 30, … 90 darauf steht. Nun zeigt man auf die 2 und sagt laut zwei und man zeigt auf das 0 und sagt Zehner. Die Null verändert das 2 in einen 2-Zehner.
Wir arbeiten so weiter mit zehn Zehnergruppen und zeigen den Kindern dann die Stellenwertkarte von 100. Frag ihnen nun dir zu zeigen, wieso es 10-Zehner heisst. Die ersten zwei Ziffern zeigen eine Zehn und die letzte Null sagt, dass es ein Zehner ist. Dann sagen wir ihnen, dass es aber anders heisst: hundert oder besser, einhundert. Zeig auf die 1 und sage ein, zeig dann auf das erste Null und sage hun und zeige nun auf das letzte Null und sage dert.
Wenn wir Zahlen mit verschiedenen Stellenwerten kombinieren, werden die korrespondierenden Karten aufeinander gelegt. Die Karten werden der Länge nach aufeinander gelegt, mit der längsten Karte zu unterst und die Kanten rechts in eine Linie gebracht. So zeigen die Karten für 100, 50 und 9 aufeinander gelegt die 159. Und Karten für 200 und 6 werden aufeinander gelegt eine 206. Bemerke dabei, dass unnötige Nullen verborgen werden, doch nötige Nullen bleiben sichtbar.
Stellenwertkarten ermutigen Kinder, die Zahlen von links nach rechts zu lesen. Das Kind sagt zuerst die erste Ziffer, bemerkt, wie viele weitere Ziffern folgen, und sagt dann das korrekte Stellenwertwort. Die alte Methode schlägt vor, dass wir von rechts nach links lesen oder sogar links anfangen und dann zur letzten Zahl überspringen, um anschliessend die mittlere Zahl zu nennen. Wenn wir eine Zahl einfach von links lesen, ist das gleich wie wir allgemein lesen.
Nach einer gewissen Zeit gehen wir wieder zu den traditionellen Namen über, indem wir sagen, das 4-Zehner einen anderen Namen hat, vierzig, wobei zig zehn bedeutet. Das wiederholen wir für 60, 70, 80 und 90. Die Zahl zwanzig braucht eine besondere Erwähnung. Die Zahlen dazwischen haben ihren Namen in umgekehrter Reihenfolge.
Dann ist da noch das Rätsel der 11 und 12. Beide Wörter haben einen alt-germanischen Ursprung und sind Zusammensetzungen aus „ein“, bzw. „zwei“ und einer alten Form des Verbs „bleiben“. Die Zahlen wurden 11 und 12 genannt, weil wenn man zehn gezählt hat, sind eins bzw. zwei übrig geblieben. Die Begriffe „elf“ und „zwölf“ formten sich also wirklich aus „einzehn“ und „zweizehn“. Rätsel gelöst.
Manchmal denken die Menschen, dass Kinder den Stellenwert besser verstehen, wenn die Einer, Zehner und Hunderter farbig codiert werden. Doch leider sind 8 Prozent der Jungen farbenblind, also ist ein Farbencode nicht hilfreich. Auch ist es so, dass Kinder, die sich auf Farben verlassen, Zahlen mit einem „Farbenwert“ sehen statt mit einem Stellenwert.
Wir müssen den Stellenwert als ein wunderbares Geschenk sehen. Statt unseren Kindern eine scheinbar unendliche Kette von Zahlenwörtern zu geben, erlaubt uns der Stellenwert unsere Zahlen schön zu gruppieren und effizient mit ihnen zu arbeiten.
Hier der ursprüngliche Text in Englisch (der Text wurde hier leicht adaptiert für eine deutschsprachige Leserschaft).