Als unser Sohn in der 6. Klasse war, fing im Effinger – Kaffeebar & Coworking Space in Bern etwas Neues, Spannendes an, das speziell auf jugendliche HomeschoolerInnen in der Oberstufe zugeschnitten war: das sogenannte Colearning.

Von Anfang an war ich Feuer und Flamme vom Konzept und wusste, dass das genau das Richtige ist für Sohnemann. Die Arbeits- und Lernwelt wird zusammengebracht. Selbständiges und selbstverantwortetes Lernen sind die Schlüsselwörter. Das Richtige für unseren Teenager, der lieber heute als morgen in die Arbeitswelt eintaucht und lieber Praktisches, Nützliches lernt als trockene Materie im Schulbuch.
Und so durfte unser Jugendlicher im August 2021 zu einem Colearner werden und geht seither zweimal pro Woche an einem Vormittag nach Bern, um zusammen mit anderen Colearnern jeglichen Alters und Coworker aller Art an seine Projekte zu arbeiten. Manchmal alleine, manchmal zusammen, oft selbst-initiiert, andere Male auf Anfrage von anderen, in Zusammenarbeit an bestimmten Projekten.
Colearner setzen selber Lernziele und sind selbst verantwortlich für ihre Lernerfahrungen und ihr Lernvorhaben. Wichtig dabei ist aber auch, dass das Lernen sichtbar gemacht und geteilt wird, sei es durch regelmässige Blogbeiträge, Gespräche im Rahmen einer Mentoring-Beziehung oder durch sogenannte „Schatzhebungen“, die regelmässig stattfinden. Es findet kein geführter Unterricht statt!
Als unser Junge am Anfang der 7. Klasse mit dem Colearning anfing, dachte ich, er würde seine Mathe- und Englischbücher dorthin mitnehmen, selbständig daran arbeiten und um Hilfe bitten, falls ihm etwas nicht klar war. Weit gefehlt! Das klappte eigentlich nie. War auch bei weitem nicht der Sinn des Colearnings, wie ich das relativ bald begriff. Im Gespräch mit anderen Colearnern und Coworkern entwickelte er Ideen für eigene Informatikprojekte, arbeitete mit Projekten von anderen mit und hatte schon bald so viele Ideen, an denen er arbeitete, dass er gar keine Zeit mehr für Schulbücher hatte. (Natürlich muss auch er sich an den Lehrplan 21 halten – die klassischen Fächer muss er also zu Hause erarbeiten).
Und das Resultat? Unser Teenie ist in den vergangenen 1 1/2 Jahren unglaublich gewachsen in jeder Hinsicht. Er hat sich im Informatikbereich so weit entwickelt, dass er mit seinen 13 Jahren Sachen programmiert und ein Fachwissen hat, dass dem eines Informatiklehrlings Ende des ersten Lehrjahrs ebenbürtig ist. Aber das ist bei weitem nicht alles und auch nicht das Wichtigste für mich. Er ist vor allem in Sachen Selbständigkeit, Eigenverantwortung, Selbstbewusstsein und in seinen Sozialkompetenzen sehr stark gewachsen. Er ist für sein eigenes Lernen verantwortlich und weiss genau, was und wie er etwas lernen möchte, damit es ihn weiterbringt und ihn zu seinen weiter entfernten Zielen führt. Er bewegt sich problemlos und selbstbewusst in der erwachsenen Arbeitswelt, begegnet neuen und bekannten Erwachsenen ebenbürtig, interessiert und mit gegenseitigem Respekt.
„Holen wir (das Lernen) zurück ins Leben, als autonome und selbstbestimmte Tätigkeit. Geben wir ihm den Raum, den es zur Entfaltung braucht. Freuen wir uns zusammen an dem, was da gedeiht. Es sind vielleicht die Vorboten eines lang ersehnten Bildungsfrühlings.“
Colearning Website – Konzept
Ja, ich kann nur schwärmen vom Colearning Konzept und kann es allen Coworking Spaces in der ganzen Schweiz, wo Homeschooling erlaubt ist, nur empfehlen, dieses Konzept auch bei ihnen umzusetzen. Das Colearning Team vom Effinger in Bern steht euch gerne mit Rat und Tat zur Seite. Auch kann ich es jugendlichen HomeschoolerInnen in der Umgebung von Bern empfehlen, WENN sie bereit sind für selbstbestimmtes, eigenständiges, selbstverantwortliches Lernen und sprudeln mit Ideen für eigene Projekte, die im Effinger umgesetzt werden können. Es ist keine alternative Schule. Es sind keine Personen in der Funktion von Lehrpersonen da. Es gibt keinen geführten Unterricht. Was es gibt, ist befreites, interessengesteurtes Lernen Mitten in der realen, innovativen Arbeitswelt.